"One World, one Music, one God":
Mannheimer Erstaufführung von David Fanshawes "African Sanctus"

Während die Welt ihre Blicke gespannt auf die WM-Vorbereitungen in Südafrika richtete, wendeten wir uns mit dem „African Sanctus“ von David Fanshawe dem nordöstlichen Afrika zu – ein nicht weniger spannendes Unternehmen. Gemeinsam führten die Melanchthonkantorei Mannheim, der Konzertchor Darmstadt (Einstudierung: Wolfgang Seeliger) und der Popchor Mannheim-Neckarstadt dieses Werk unter der Leitung von KMD Christiane Brasse-Nothdurft am 9. Mai 2010 in der Mannheimer Konkordienkirche auf.

Vier Jahre lang war der Komponist und Ethnologe David Fanshawe zu Beginn der 1970er Jahre mit Rucksack und Aufnahmegerät durch Nordostafrika gereist: von Kairo den Nil aufwärts bis nach Khartoum, von dort nach Westen bis zu den Marra-Bergen, nach Osten bis zum Roten Meer und nach Süden bis zum Viktoriasee. Von seiner kreuzförmigen Pilgerreise brachte der Komponist Tonbandmaterial mit islamischen Gebetsweisen und traditionellen Gesängen und Tänzen aus Ägypten, Sudan, Uganda und Kenia mit. Diese Aufnahmen verwob er in faszinierender Weise mit einer Vertonung der lateinischen Messe zum „African Sanctus“.

Die Rhythmen des Bwala-Tanzes der Acholi in Norduganda, der Gebetsruf des Imams der Mohammed-Ali-Moschee in Kairo und die Klänge einer europäischen Messvertonung – im „African Sanctus“ treffen musikalische, kulturelle und religiöse Welten aufeinander. Erwartungsgemäß verlangte die Probenarbeit von den Sängerinnen und Sängern ein gutes Stück Überwindung von Berührungsängsten mit fremder Musik und Religion. Irritationen lagen in der Natur der Sache. Ist es „legitim“ und dem Publikum „zumutbar“, so wurde leidenschaftlich diskutiert, wenn in einer christlichen Kirche ein sunnitischer Imam, wenn auch nur per Tonband, Muslime zum Gebet ruft?

Hinzu kamen weitere Herausforderungen: unvertraute Klänge, vertrackte Rhythmen und die Vielstimmigkeit des Chorparts, die Zusammenarbeit mit den unterschiedlichsten Musikern von der Mannheimer Opernsopranistin Antje Bitterlich bis zu den Afro-Drummern um Dirk Friederich vom Trommelpalast Mannheim, die Koordination mit dem Tonband, das unnachgiebig die Tempi bestimmte, und nicht zuletzt das Einstudieren von Bewegungen als kleine Hommage an die Vitalität jener Menschen in Afrika, die – via Tonband – das „African Sanctus“ gleichsam mit uns musizierten.

Ermutigend war ein Gruß des Komponisten, der uns per E-Mail aus den USA erreichte: Darin drückte David Fanshawe uns persönlich seine Hoffnung aus, „dass die Seele Afrikas Euch alle inspirieren möge“, verbunden mit dem Wunsch einer „aufrichtigen, feierlichen und unvergesslichen Aufführung“.

Am Konzertabend zog in der vollbesetzten Konkordienkirche ein multimediales Geschehen das Publikum in seinen Bann: auf einer Leinwand Bilder von Fanshawes Afrikareise, vom Band Gesänge aus Nordostafrika, vom Chor die lateinische Messe. Chor, Percussion, Instrumentalsolisten und Tonband gehen dabei eine faszinierende Verbindung ein, in der westliche, afrikanische und arabische Musik in Dialog tritt, ohne sich je selbst aufzugeben. Musik wird zur universalen Sprache, die Grenzen überwindet. Das persönliche Credo des Komponisten, „One World, one Music, one God“, gewinnt an diesem Abend Gestalt. Die Begeisterung und schließlich die Beifallsstürme des Publikums erweisen jegliche Befürchtungen, die Zuhörerinnen und Zuhörer womöglich zu überfordern, als unbegründet.

Dr. Elke Niebergall-Roth, Sängerin in der Melanchthonkantorei Mannheim

Foto: Susanne Steimer

Top Impressum/ Datenschutz Links Home