Mit fast 50 Teilnehmern erlebte im vergangenen Herbst die „Odenwälder Feriensingwoche“ in Weinheim-Ritschweier ihre 7. Durchführung. Unter der musikalischen Leitung von Karin Dannenmaier, Bezirkskantorin in Hessen, und Martin Lehr, Chorleiter in Weinheim, fand die Woche wieder in Verbindung mit dem Landesverband evangelischer Kirchenchöre in Baden statt; neben langjährigen „Singwöchnern“ waren auch zahlreiche begeisterte „Frischlinge“ unter den Sängerinnen und Sängern. Diese kamen aus Weinheim und Umgebung, aus Baden, Hessen und weiteren Bundesländern im gastfreundlichen Schulungszentrum in Ritschweier zusammen, um sich eine knappe Woche lang mit vorwiegend geistlichen Werken zu beschäftigen. Dabei standen vier Komponisten-Jubilare im Mittelpunkt, die mit ganz speziellen Werken das besondere Interesse der Teilnehmer fanden.
So hatte Karin Dannenmaier die zweiteilige Kantate „Es wird ein unbarmherzig Gericht“ von Johann Friedrich Fasch (325. Geburtstag) mitgebracht. Ihr ehemaliger Orgellehrer und Kantor in Rheinfelden, Rolf Haas, erwirbt sich große Verdienste durch die Herausgabe zahlreicher Werke dieses immer noch stark unterschätzten Barockmeisters. Die geschmeidigen Chorsätze und Arien der Kantate boten reizvolle Aufgaben für den Chor und das kleine Singwochenorchester, die ausdrucksstarken Rezitative wurden solistisch gesungen. Außerdem machte K. Dannenmaier die Sängerschar mit dem Vater des berühmten Giacomo Puccini, Michele Puccini, anlässlich seines 200. Geburtstags bekannt. Er wirkte nach der alten Familientradition als Kirchenmusiker und schuf u. a. ein Magnificat, dessen seelenvolles „Gloria patri“ mit ungewohnten harmonischen Wendungen sehr gefiel.
Aus großen Opern der Jubilare Giuseppe Verdi und Richard Wagner (200. Geburtstage) stammten die von Martin Lehr als Überraschung ausgewählten und arrangierten Chöre. Ein wunderschönes Sopran-Arioso aus „Othello“ schien in der Fassung für vierstimmigen gemischten Chor und Orgel wie geschaffen für den neuen Text „Also hat Gott die Welt geliebt“; von ähnlicher italienischer Innigkeit geprägt war das „Gebet“, bearbeitet aus „Die Macht des Schicksals“. Einen enormen Stilwechsel nach soviel Italianità bedeutete der schlichte A-cappella-Chor aus der Anfangsszene der „Meistersinger“, dem M. Lehr als „Psalm-Lied“ eine eigens angefertigte Bereimung des 23. Psalms unterlegt hatte; ganz als pompöser, auftrumpfender Wagner erschien der Schlusschor aus „Tannhäuser“, mit dem „Te deum laudamus“ passend textiert und von rauschendem Orgelbrausen begleitet.
Mit diesem reichhaltigen Repertoire erfuhr der abschließende Abendmahlsgottesdienst in der Markuskirche Weinheim nicht nur eine bewegende musikalische Ausgestaltung, sondern erhielt auch durch die „Gaienhofener Liturgie“ wieder einen besonders festlichen Charakter. Pfarrerin Martina Ade stellte das Thema der Kantate ins Zentrum ihrer Predigt, die nach der damaligen Praxis von der Fasch-Vertonung gerahmt wurde.
Am Abend zuvor waren die Singwochenteilnehmer beim Kalt-Warmen Buffet ein weiteres Mal von Schwester Dominica und ihren Helfern verwöhnt worden; beim anschließenden Bunten Abend blieb bei der Vielfalt der gewohnt originellen Beiträge kein Auge trocken. Dies aber leider auch deshalb, weil es galt, von Karin Dannenmaier als langjähriger Mit-Leiterin der Singwoche endgültig Abschied zu nehmen; ihre vielen beruflichen Verpflichtungen ließen sie schweren Herzens diese Entscheidung treffen. So fiel in die Vorfreude auf das nächste Mal dieser bittere Wermutstropfen, aber durchmischt mit der gespannten Erwartung an Martin Lehr auf neue überraschende Ideen bei der personellen und inhaltlichen Planung für den Herbst 2014.
Martin Lehr
Bild: Anne Wolf