Die Rolle des Königs mit zwei Kindern, die unter einem Mantel stecken als Doppelrolle zu besetzen, war nur einer der originellen Einfälle mit denen der Regisseur Sebastian Stiebert die Aufführungen des Musicals „König Keks“ bereicherte. Auch das grafisch klare und trotzdem nicht sterile Bühnenbild stammte von ihm.
In der Regiearbeit, die bei insgesamt ca. 110 teilnehmenden Kindern im Alter von 4 – 16 Jahren ja immer auch bedeutet, eine Art Flohhaufen in Schach zu halten, wurde er tatkräftig unterstützt von Marijana Gojkovic.
Doch natürlich sind nicht nur Regiearbeit und Bühnenbild nötig, um ein Musical zur Aufführung zu bringen. Im Vordergrund steht natürlich die Musik:
Sehr facettenreich komponiert, mit ausgesprochen eingängigen und pfiffigen Melodien versehen von Peter Schindler, der auch zusammen mit Babette Dieterich die Texte verfasst hat, wurde das Musical wegen seines thematischen Inhalts – süßer Prinz liebt scharfe Prinzessin, zwei verfeindete Familien, Abenteuer, Kampf gegen gemeinsamen Feind, Happy End - als Gelegenheit wahrgenommen, mit der Mehrdeutigkeit der Begriffe zu spielen, was zu zum Teil gepfefferten Wortgefechten führte.
Auf diesem musikalisch und textlich reichhaltigen Nährboden baute der künstlerische Leiter des 2006 gegründeten und zweigleisig als Mädchen- und Knabenchor geführten „Cantus Juvenum Karlsruhe“ Hans-Jörg Kalmbach zusammen mit seinen sehr engagierten Mitarbeitern seine Probenarbeit auf.
Diese war für sowohl für die szenischen als auch für die musikalischen Proben zeitlich stark begrenzt, weil das Projekt erst im Frühjahr in Angriff genommen wurde, da das Musical gerade rechtzeitig zur Musikmesse in Frankfurt vom Komponisten fertig gestellt wurde. Schon Mitte Juli des gleichen Jahres sollten die Aufführungen aber stattfinden.
Dass dies dennoch so gut funktionieren konnte, liegt natürlich auch daran, dass jedes Kind, neben den gemeinsamen Chorproben aller Kinder, Stimmbildungsunterricht in Kleingruppen erhält.
Doch zurück zu den Anfängen. Wie kam es dazu, dass ein Chor, dessen Schwerpunkt der musikalischen Arbeit eher im klassischen Bereich liegt, sich mit solch einem Musical-Projekt beschäftigte?
Das aus alter Verbundenheit aus Studienzeiten von Peter Schindler mit anderen an diesem Projekt Beteiligten - nämlich Hans-Jörg Kalmbach (künstlerische Leitung) und Christian-Markus Raiser (Kirchenmusikdirektor der Stadtkirche) - resultierende Angebot Peter Schindlers an den Chor, die Uraufführung des Musicals zu übernehmen, bot die einmalige Chance, den Kindern zum einen die Welt des Theaters näher zu bringen, zum anderen den Zusammenhalt der Kinder sowie deren Familien zu fördern.
Ohne die tatkräftige Hilfe von Eltern an Kostümbeschaffung (es wurden ca. 30 Gummibärchenkostüme genäht, dazu etliche Teile der Bühnenausstattung), Kulissenfertigung, Betreuung der Kinder während der Proben und Aufführungen, ungezählten Fahrten der Kinder und des Aufführungsmaterials von einem Ort zum anderen und vielem mehr, hätte das Projekt in so kurzer Zeit dann auch nicht auf die Beine gestellt werden können!
Für diese engagierten Eltern fungierte als Ansprechpartner selbst im größten Chaos – nicht wirklich alles lief glatt! – der Projektkoordinator Thomas Wyss. Nichts konnte ihn aus der Ruhe bringen und er versuchte sein möglichstes, immer alle Beteiligten per E-Mail mit den neuesten Informationen zu versorgen.
Über das Zusammenwachsen aller Beteiligten zu einer Gemeinschaft hinaus hatte dieses Projekt jedoch noch ein weiteres Ergebnis: Viele der beteiligten Kinder wuchsen in Stimme und Persönlichkeit über sich hinaus und gewannen im Laufe der Probenarbeit zusehends an Selbstbewusstsein.
Drei, schon Wochen vorher ausverkaufte, absolut gelungene Vorstellungen in der Schauburg, einem schönen alten Kino in Karlsruhe, krönten dann auch die Arbeit.
Unterschiedlichste Musikstile in Ohrwurmqualität, dargeboten von einer mitreißenden Combo mit Studierenden der Musikhochschule Karlsruhe aus Streichern, Bläsern und Rhythmusgruppe unter der Leitung des international renommierten Saxofonisten Peter Lehel spornten die Kinder immer wieder aufs Neue zu Höchstleistungen an!
Als Fazit bleibt: Die Entscheidung der Chorleitung, sich an „König Keks“ zu wagen, war absolut richtig gewesen. Die Kinder hatten die einmalige Gelegenheit, unter sehr professioneller Anleitung an einer erfolgreichen Uraufführung und zwei weiteren, nicht weniger erfolgreichen, Aufführungen mitzuwirken, und haben allesamt in vielerlei Hinsicht profitiert. Die Eltern des noch relativ jungen Cantus Juvenum haben sich über die gemeinsame Arbeit gut kennen gelernt. Dies wird die weitere Chorarbeit und zukünftige Projekte sicher erleichtern.
Sylvia Hellstern