Jubiläum in Wertheim:
300. Geburtstag von Johann Wendelin Glaser

Das Jahr 2013 steht natürlich im Zeichen der Jubiläen von Wagner und Verdi; aber auch im regionalen Musikleben gilt es verdienstvoller Komponisten zu gedenken. So erinnert man sich in Franken an Johann Wendelin Glaser, der am 30. April 1713 in Ostheim vor der Rhön geboren wurde. Er ist ein Jahr älter als Carl Philipp Emanuel Bach (1714-1788) und Christoph Willibald Gluck (1714-1787) und gehört in die Zeit, in der der Spätbarock vom Rokoko, der Empfindsamkeit und der Aufklärung abgelöst wird.
Glaser stammte aus einer Kantorenfamilie. Nach seiner schulischen Ausbildung in Ostheim, Schleusingen und Nürnberg wurde er Mitte 1737 für ein Jahr als Gehilfe seines Vaters an der Mädchenschule in Ostheim angestellt. Dann ging er für drei Jahre zum Studium der Theologie an die Universität Altdorf. Eine erste Anstellung als Lehrer und Kantor fand er ab 1741 im hohenlohischen Langenburg, wo er sich mit der aus Nürnberg stammenden Barbara Schmied(en) vermählte.
1744 folgt die Anstellung an der Lateinschule in Wertheim. Das damit eigentlich verbundene Amt des Kantors in Diensten der gräflichen evangelischen Linie des Hauses Löwenstein-Wertheim konnte er nicht antreten, da dieses durch Johann Hermann Heinrich Klein versehen wurde. Dieser war den Pflichten dieses Amtes in keiner Weise gewachsen, so dass Glaser – ohne zusätzliche Bezahlung – dessen Aufgaben weitestgehend übernehmen musste. Erst als Klein 1751 Pfarrer im benachbarten Waldenhausen wurde, konnte er auch offiziell den kirchenmusikalischen Dienst übernehmen.
Das Verhältnis zur löwensteinischen Herrschaft war auch in der Folge nicht spannungsfrei, wurde ihm doch häufig die Bereitstellung der notwendigen finanziellen Mittel versagt. So verwundert es denn nicht, dass er Wertheim verlassen wollte: Ein in Aussicht genommener Wechsel nach Frankfurt scheiterte allerdings.
1756 stirbt seine Frau Barbara; nach fünf Jahren als Witwer heiratet er 1771 seine zweite Ehefrau Maria Elisabeth Bauer. Johann Wendelin Glaser stirbt am 6. Februar 1783.
Von Glaser sind über 300 geistliche Kantaten bekannt; sie wurden 1910 in der Stiftskirche beim Abbruch der 1770 erbauten Stumm-Orgel entdeckt. Von den in einem Brief erwähnten Instrumentalwerken ist nichts erhalten.
Die erhaltenen Kantaten Glasers lassen sich in drei Jahrgänge und eine große Anzahl von Einzelkantaten einteilen; dazu kommen noch einige Kompositionen für besondere Anlässe.
Meistens haben die Kantaten die damals übliche Anlage: Sie beginnen mit einem Chorsatz; dann folgen Rezitative und Arien im Wechsel aufeinander, und am Schluss erklingt ein Choral.
Glaser überrascht durch die Vielfalt der Instrumentation. Zu den Streichern können Holz- und Blechbläser treten. Glaser verwendet die Instrumente keineswegs schematisch, sondern versucht, interessante Ensembles zu bilden. So komponiert er einige Kantaten für nur zwei Traversflöten oder für zwei oder drei Oboen und Generalbass, für den er dann ein Fagott vorschreibt.
Die meisten Kantaten Glasers für die „gewöhnlichen“ Sonntage sind von ihrer zeitlichen Ausdehnung knapp gehalten. Damit korrespondiert die häufig geringe Anzahl an Instrumentalisten und Vokalisten. Natürlich hat dies mit der finanziell unzureichenden Ausstattung des Kantorats zu tun; umso bemerkenswerter ist die Tatsache, dass der Komponist trotz, aber auch gerade wegen dieser Einschränkungen inspirierte und unmittelbar wirkende Musik zu Papier bringt.
Andreas Traub und Dieter Zeh haben in der Vorbereitung zum Jubiläumsjahr etliche Kantaten im Erstdruck vorgelegt (erschienen in den Verlagen Strube und musica rinata). Sie werden im Lauf des Jahres in der Wertheimer Stiftskirche aufgeführt werden.

Dieter Zeh

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