Der Bachchor Karlsruhe musiziert an Bachs Wirkungsstätten

Am Himmelfahrtswochenende ging der Bachchor Karlsruhe unter der Leitung von Kirchenmusikdirektor Christian-Markus Raiser mit einem besonderen Programm auf Reisen. Der Chor sang verschiedene Werke der Bach-Familie. Begleitet wurde er von dem Cellisten David Raiser und Cornelia Gegengenbach an der Orgel, die das Programm mit der Suite I für Violoncello solo und einer Gambensonate von Johann Sebastian Bach bereicherten.
Man bezog Quartier im Erfurter Augustinerkloster, einem geschichtsträchtigen Ort, an dem Luther als Mönch lebte und Bach 1716 die Orgel prüfte. Am Abend gab der Chor auf Einladung der Stadtkirche Jena ein Benefizkonzert zu Gunsten von Erdbebenopfern in Nepal. Im dreischiffigen gotischen Kirchenbau konnte sich das Kyrie von Heinrich Bach (1615-1692) in seiner liturgischen Klangintensität besonders gut entfalten. Auch zwei in kleiner Besetzung vorgetragene Duette für Frauenstimmen begeisterten die Zuhörer.
Johann Sebastian Bach (1685-1750) war als junger Mann ein Jahr lang Kirchenmusiker der Divii Blasii Kirche Mühlhausen. Vor einer nach Bachs Originaldisposition restaurierten Orgel nahmen am Freitagabend besonders zwei seiner doppelchörigen Motetten den Schwung seiner Präsenz in der Stadt auf und erfreuten ein zahlreiches Publikum, zu dem auch viele Mitglieder des Mühlhausener Bachchores gehörten.
Als Teil des bekannten mitteldeutschen Musikfestivals „unMittelBARock!“ durfte der Chor dann am Samstag in der Stadtkirche Rudolstadt eine Matinée mit dem Titel „Ganz Bach“ gestalten. In die reich mit barocken Kunstwerken ausgestattete Kirche passte die Motette „Fürchte dich nicht“ von Johann Christoph Bach (1642-1703), welche die Angst in der Welt mit dem Trost der Auferstehung verbindet. Kirchenmusikdirektor Raiser selbst schmückte hier das Programm mit einem Pièce d’orgue an der Ladegast-Orgel hören. Anschließend dienten die stets mitgeführten Chorpodeste als Sitzgelegenheiten für einen Thüringer-Bratwurst-Flashmob auf dem Rudolstädter Marktplatz.
Noch am selben Tag wirkten die Sänger in einer musikalischen Vesper in der Herderkirche Weimar mit. Sechs Kinder Johann Sebastians und seiner zweiten Frau Maria Barbara wurden hier getauft. Sicher hätte die Tauffamilie sich nicht träumen lassen, dass dreihundert Jahre später der Karlsruher Bachchor eine Motette des Täuflings Carl Philipp Emanuel (1714-1788) erklingen lassen würde. Die galante Musik des Bach-Sohnes formuliert im Text die Tugendlehre der Aufklärung und weist in die Klassik voraus.
Abgerundet wurden die intensiven Tage, an denen die Sänger im kulturträchtigen mitteldeutschen Raum auch den Spuren Luthers, Goethes, Schillers sowie den vielfältigen Zeugnissen jüdischen Lebens in der Region begegneten, durch einen Gottesdienst im Erfurter Dom am Sonntagmorgen. Der Dompfarrer zeigte sich beeindruckt. Es komme selten vor, sagte er, dass ein Gastchor „wirklich mal Bach“ sänge und dann auch noch „in einer solchen musikalischen Qualität“.
Melanie Hong

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